Wer den Waggon betritt, kommt aus dem Staunen so schnell nicht mehr raus: Hier wimmelt es auf nur wenigen Quadratmetern von obskuren und verspielten Objekten, Skulpturen und Bildern, deren große Gemeinsamkeit in provokanten Wortspielereien und der Symbiose alltäglicher, vermeintlich unvereinbarer Gegenstände wie etwa Schaufensterpuppen, Messern, Nummernschilder, Emailleschüsseln und Blechdosen liegt. Ein Objekt etwa besteht aus Kameras, die auf einem Sägeblatt montiert sind. Kurz danach fällt der Blick auf eine Holzbank, der mit Nägeln der Schriftzug „Don’t ask me shit“ eingehämmert wurde. Und schon erspäht man die auf einem Holzpodest thronende goldene Schreibmaschine, auf die ein Toilettendeckel montiert ist.
Sevriens, ein Autodidakt, der seine kreative Laufbahn als Fotograf begonnen hat, nimmt in seinen Arbeiten unsere Sehgewohnheiten unter die Lupe und seziert und karikiert diese auf freche und zugleich liebevolle Art und Weise. Wer also Ungewohntes sehen möchte, sollte unbedingt einen Blick in dieses begehbare Kunstobjekt werfen.
Der Photo-Waggon selbst ist übrigens käuflich zu erwerben, ebenso wie limitierte Foto-Kalender, Kunst-Memories und viele weitere Objekte, die im Wohnhaus nebenan, in der ART STATION, auf interessierte Kunstliebhaber warten.
Inspiriert ist Sevriens‘ „Photo-Waggon“ von den ersten reisenden Fotografen in den USA, die mit Planwagen,ausgestattet mit Chemikalien und technischem Equipment, durch die Gegend zogen, um die Landbevölkerung fotografisch festzuhalten.
Der Sauerländer Waggon hat übrigens im wahrsten Sinne des Wortes ein bewegtes Leben hinter sich: 1991 wurde er anlässlich der „Internationalen Fototage Herten“ mithilfe eines Krans und eines Tiefladers vom Sauerland in das Ruhrgebiet transportiert, um dort von Kunstinteressierten aus aller Welt in Augenschein genommen zu werden.
Ein paar Jahre später war er 1996 im Rahmen der „Internationalen Photoszene Köln“ während der Photokina eine Woche lang am Rudolfplatz in Köln zu bestaunen.
Anfang 2023 stand es dann plötzlich sehr schlecht um ihn, als er nämlich auf Veranlassung der Deutschen Bahn von seinem ursprünglichen Standort entfernt und umgesetzt werden musste. Abermals mithilfe eines Krans wurde das tonnenschwere Kunstwerk von den Gleisen entfernt und gleich neben das Wohnhaus der Familie Sevriens platziert. Der Kunst-Waggon erstrahlt seitdem in neuem Glanz, da er im vergangenen Jahr mit viel Liebe und Sorgfalt renoviert wurde. Und nun sind neugierige Besucher herzlich willkommen.